Blog

Brief an die Botschafter Frankreichs und Deutschlands in unseren jeweiligen Ländern

von Ragia Omran, Abduallah Al Khonaini, Mohamed Lotfy, El Nadim Center, Azza Soliman, Zoya Rouhana, Issam Younis, Lina Attalah, Hadeel Abdel Aziz, Sama Aweidah

Wir, die unterzeichnenden Träger des Deutsch-Französischen Preises für Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit, sind zutiefst enttäuscht über die Positionen und Erklärungen der deutschen und französischen Regierung zum israelischen Angriff auf die Zivilbevölkerung in Gaza. Dieses anhaltende Blutvergießen, das wir als Menschenrechtsverteidiger und Journalisten miterleben und dokumentieren, ist ein deutlicher Ausdruck der Aushöhlung der Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit, für deren Verteidigung Sie uns gefeiert und ausgezeichnet haben.

… mehr

__________________________________

2. Juli 2023

Wer schubst denn dann den Saft

Der Sommer steht bevor und damit Reisezeit. Tausende können es kaum abwarten, in die Ferne zu fliegen, und hoffen, nicht so ein Chaos zu erleben wie im vergangenen Jahr. Da lagen die Nerven wegen Ausfällen, Verspätungen und verlorenem Gepäck bei vielen blank, und die Flugbegleiter hatten es auszubaden. Die Zahl der Passagiere, die in der voll besetzten Kabine den Aufstand inszenieren, hat drastisch zugenommen. An alle Reisenden daher schon jetzt die Bitte: Seid gut zu den Engeln der Luft. Ihr wisst nicht, wofür ihr sie noch einmal braucht!


(Bild: pch.vector / Freepik)

So vermeintlich glamourös der Job der Stewardess oder des Stewards auch sein mag, Respekt vor ihm haben die wenigstens. Landläufig ulkt man über die »Trollymaus«, die »Tablettschleuder« oder die »Düse«. Am häufigsten aber fällt in diesem Zusammenhang der Begriff »Saftschubse«. Damit wäre dann alles gesagt, was es über diesen Beruf über den Wolken und die damit verbundenen großen Aufgaben zu sagen gäbe.

Eigentlich nein. 

… mehr

__________________________________

5. Juni 2023

Klartext klingt anders, Deutsche Welle!

Angesichts der Vorwürfe gegen den Rammstein Frontmann Till Lindemann, sich im Backstage-Bereich von Konzerten sexuell übergriffig gegenüber weiblichen Fans gezeigt zu haben, melden sich derzeit viele Kommentatoren in den Medien zu Wort. Auf der Webseite der Deutschen Welle zum Beispiel verkündet Kulturredakteurin Silke Wünsch, jetzt sei „Zeit für Klartext“. Doch von Klartext ist nichts zu sehen. Im Gegenteil, sie wiegelt ab. Hier mein offener Brief an die um den Frontmann so besorgte Kollegin.

screendump-till-the-end-pixeled

Screen dump aus dem Porno-Video von Till Lindemann. Er steckt einer Frau sein Geschlechtsteil in den Mund, umklammert dabei ihren Hals und stößt dann gegen ihre Abwehr wiederholt so tief, dass sie würgt und aufheult. Daraufhin schlägt er ihr ins Gesicht. DW Kulturredakteurin Silke Wünsch weiß davon nichts. Sie plädiert dafür, dass „dringend der Ball flach gehalten werden“ muss. Für Lindemann gelte die „Unschuldsvermutung“. – Doch wie „unschuldig“ ist einer, der derartige Gewalt an Frauen öffentlich zur Schau stellt?

… mehr

__________________________________

5. März 2023

„Es ist Zeit, sich zu weigern.“

Hunderte von israelischen Reservisten legen die Waffen nieder und verweigern den Dienst im Protest gegen die neue ultrarechte Regierung unter Benjamin Netanyahu. Einer von ihnen, Niro Mizrahi, schreibt auf Facebook, warum.

nironSgt. Niron Mizrahi, Reservist in der israelischen Armee, hat seinen Dienstausweis zerschnitten. (Foto: RSN) 

In Israel stehen die Zeichen derzeit auf Sturm. Nachdem Hunderte von Siedlern am vergangenen Sonntag in dem palästinensischen Ort Huwara unzählige Häuser und Autos niederbrandten, einen Palästinenser töteten und rund Hundert weitere Einwohner verletzten – demonstrierten an diesem Wochenende erneut 160.000 Israelis in den Straßen von Tel Aviv und protestierten gegen die geplante Justizreform, die den obersten Gerichtshof entmachten und der Politik mehr Einfluss auf Richterernennungen geben soll. Die israelische Bevölkerung ist alarmiert und fürchtet, dass ihre Demokratie auf dem Spiel steht.

Doch nicht nur in der israelischen Bevölkerung rumort es. Auch die Armee, das Rückgrat der Besatzung in den palästinensischen Gebieten, erlebt eine bisher nie dagewesenen Unruhe.

Wie das israelische Solidaritätsnetzwerk der Kriegsdienstverweigerer berichtet, haben in den letzten Tagen Hunderte von israelischen Soldaten ihre Weigerung bekundet, in der Armee unter der neuen ultranationalistischen und rechtsextremen Regierung zu dienen, wenn deren antidemokratische Politik nicht beendet wird. Sie äußern sich auch öffentlich.

Auf Facebook schrieb Niron Mizrahi, 27 Jahre alt aus Kfar Masaryk, warum er nicht länger Militärdienst machen will.

… mehr

__________________________________

25. Januar 2023

Hatte der verstorbene Papst Benedikt XVI. einen Liebhaber?

Minolta DSC
Papst Benedikt XVI. bei einer Messe 2005 im Petersdom (Foto: Dnalor 01, Wikimedia Commons; Lizenz CC-BY-SA 3.0)

Für Hunderttausende von Katholiken, die dem am 31. Dezember 2022 verstorbenen emeritierten Papst Benedikt XVI., bürgerlich Joseph Alois Ratzinger, auch nach dessen Tod die Treue halten, sind die Nachrichten aus Berlin in diesem Januar ein veritabler Schock. Geht man von der Rechtmäßigkeit polizeilichen Handelns aus, so nährt die Berliner Polizei seit Anfang des Monats den elektrisierenden Verdacht, dass der erzkonservative Papst Benedikt XVI. einen Liebhaber hatte – wenn nicht gar ein uneheliches Kind. Er hätte also Zeit seines Lebens seinen Schäfchen Wasser gepredigt – aber selbst heimlich Wein getrunken. Ein ungeheuerlicher Vorwurf! Zumal sich ähnliches im katholischen Klerus noch nie zuvor zugetragen hatte.

Doch von Anfang an.

… mehr

__________________________________

24. Juli 2022

Goodbye Deutsche Bahn! – Es reicht!

Anfang Juli schickte ich die Lufthansa zur Hölle wegen ihres katastrophal schlechten Kundenservice. Keine drei Wochen später kann ich auf die Konkurrenz, die Deutsche Bahn, nur noch genauso laut fluchen. Sieben Stunden brauchte am vergangenen Donnerstag ein guter Freund von mir für eine Reise, die nur eineinhalb Stunden dauern sollte! – 7 Stunden! – Hunderte von Bahnkunden gestrandet im Niemandsland, und das Zugpersonal machte sich aus dem Staub und ließ die Fahrgäste ungerührt im Stich! Die Polizei musste kommen und die aufgebrachte Menge beruhigen. Und das Privatunternehmen Nordwestbahn fuhr dann die von der Deutschen Bahn im Stich gelassenen Passagiere nach Oldenburg. Unfassbare Zustände!

wucc88sting-wartende-mengeHunderte Fahrgäste strandeten am 21.07.2022 in Wüsting vor Oldenburg, nachdem sie aus dem IC von Bremen nach Emden geworfen wurden. Keine Ansage. Keine Ersatzbusse. Und die Bahnangestellten machten sich aus dem Staub.

Es waren mitnichten die lästigen 9-Euro-Ticket Fahrgäste, die hier so schäbig behandelt wurden. Nein, im IC von Bremen nach Emden gilt das 9-Euro-Ticket nicht. Hier waren alles Vollzahler. Und behandelt wurden sie wie das letzte lästige Pack, dessen man sich entledigt, wenn der Zug wegen Problemen im Niemandsland steckenbleibt. Was denkt sich die Deutsche Bahn eigentlich dabei, mit zahlenden Kunden so umzugehen?!

… mehr

__________________________________

03. Juli 2022

Goodbye Lufthansa!

Nach fünfzig Jahren ist die Freundschaft vorbei

LH Vorlage

Es ist so weit. Der Kragen ist geplatzt. Der Service der Lufthansa ist inzwischen im absoluten Souterrain angekommen, da wo normalerweise die Abflussrohre liegen. Seit Jahren ist zu beobachten, wie unter dem CEO, Carsten Spohr, Lufthansa immer mehr zur Servicewüste heruntergewirtschaftet wird. Die Lufthansa-Stationen an den Flughäfen wurden geschlossen, den Check-in besorgen jetzt schlecht bezahlte Subunternehmer. Wo Lufthansa draufsteht, ist schon lange nicht mehr Lufthansa drin. Der Passagier – kurz Pax genannt –, der für sündhaft teures Geld bei der Lufthansa buchen soll, wird immer mehr dazu missbraucht, den Job der Lufthansa selbst zu machen.

Wenn einen das alles nicht abschreckt, die Lufthansa zu buchen, obwohl sie im Vergleich gegnüber der europäischen Konkurrenz mit geradezu abenteuerlich teuren Preisen aufwartet – dann kommt der schlimmste Schritt: Vor das Boarding haben die Götter die Buchung gesetzt. Und die läuft bei Lufthansa, wenn man kompliziertere Flugstrecken als einfach nur rein-raus buchen möchte, inzwischen auf regelrechten Psychoterror gegenüber den zahlungsbereiten Paxen hinaus.

Die Art, wie bei der Buchungshotline der Lufthansa das Programm abläuft, zeigt deutlich, dass auch hier das Personal schon auf das Minimum heruntergestutzt wurde. Selbst weltweit kann die Lufthansa dem Passagier in einer geschlagenen halben Stunde keinen Buchungsagenten mehr zur Verfügung stellen. Wie viele Mitarbeiter arbeiten da eigentlich noch – drei, oder nur noch zwei?

Man muss sich einmal die Mühe machen, sich im beigefügten Audio-Mitschnitt die gesamten dreißig Minuten Tortur anzuhören, denen ein Lufthansa-Passagier ausgesetzt ist, wenn er bei der Lufthansa telefonisch buchen will. Man muss das gehört haben, um es zu glauben, wie der Lufthansa-Vorstand mit seinen Passagieren, die er teuer zur Kasse bittet, umgeht. Einen besseren Weg, Kunden abzuschrecken, gibt es nicht …

… mehr

__________________________________

25. Februar 2022

Putin gab den Hitler

Und alles, was er brauchte, war eine zaudernde, naive politische Elite im Westen

1280px-Zelensky,_Merkel,_Macron,_Putin,_(2019-12-10)_01

In den frühen Morgenstunden des 24. Februar 2022 marschierte Russland in der Ukraine ein. Jeder, der beobachtet hatte, wo Putin in den letzten Wochen seine Truppen in Russland und Belarus um die Ukraine herum stationierte, konnte wissen, dass es so kommen würde. Die Ukraine war von mehr als 150.000 russischen Soldaten umzingelt, und wenn es Putin nur darum gegangen wäre, in die Separatistengebiete Donezk und Luhansk im Osten einzumarschieren und sie zu erobern, hätten seine Truppen nicht auch auf der anderen Seite, im Westen der Ukraine, stationiert werden müssen.

Jetzt, nachdem es passiert ist – was US-Präsident Joe Biden bereits letzte Woche als zu erwarten angekündigt hatte – geben sich einige Beobachter fassungslos, überrascht und sagen, dieser Überfall sei „unerwartet“ gekommen.

Tatsächlich?

Was machten diese nun so Überraschten all die Jahre während der illegalen Annexion der ukrainischen Krim durch Russland im Jahr 2014 und den schrecklichen Gräueltaten der Bombardierung von Zivilisten in Syrien – einschließlich Tausender unschuldiger Kinder – in den letzten sechs Jahren?

Sie müssten nun, wenn sie ehrlich wären, sagen: „Wir haben weggeschaut. Russland war zu mächtig, um herausgefordert zu werden. Und wenn Russland die Krim einnimmt, dann ist das schlimm, sehr schlimm – aber wir hofften natürlich, dass es dabei bleiben würde. Wenn wir Russland die Krim überlassen würden, wäre Russland doch sicher zufriedengestellt?“

Hier ist der Geschichtsunterricht offensichtlich kläglich gescheitert. Denn Adolf Hitler hat das alles schon einmal vorgemacht.

… mehr

__________________________________

23. März 2018

Christina Lux – Leise Bilder

Christina Lux Leise Bilder CD Cover

Die wunderbare Sängerin, Songwriterin und Gitarristin Christina Lux hat heute ihr neues Album auf den Markt gebracht – »Leise Bilder«. Als CD und auf Vinyl.

Ich hatte vor zwei Monaten das große Glück, mir das Album vorab anhören zu dürfen. Und ich war begeistert. Meine Empfehlung? Kaufen!

Hier mein Lauscherlebnis:

Heimkommen

Leise Bilder. Ist das die Christina Lux auf die man trotz all ihrer Erfolge gewartet hat? Beim Hören stellt sich die Frage nicht mehr. Die Künstlerin mit ihrer beeindruckend langen Vita aus Musikalität, Beharrlichkeit und leuchtenden Alben hat sich mit Leise Bilder auf einen Freiflug gewagt, den sie schon lange plante und der nun endlich Wirklichkeit geworden ist. Ein Album ganz auf Deutsch mit der Kraft ihrer luxschen Poesie, als sei der Wandel zwischen den Welten eine Selbstverständlichkeit, als war es Zeit für sie, aufzustehen. „Deinen alten Weggefährten Angst, den hab ich gerade gehen sehen. Ich schau dir zu, wie du da stehst und strahlst, so hab ich dich noch nie gesehen.“

Ein Strahlen in der Tat. Denn auf diesem Album hebt die Lux nicht nur ab, sie schwingt sich nicht nur in die Höhe, sondern wagt auch die Landung und genießt das Heimkommen. Und der Zuhörer, der mit ihr Losfliegen darf, den sie ermuntert, es ihr gleich zu tun („pack dein Herz dazu“), genießt es mit ihr, sich zu entdecken. „Ich muss nichts mehr sein, weil ich längst bin“, bekennt sie gelassen, während die Uhr tickt, die ihr nichts mehr anhaben kann. So leichtschwingig muss eine Liebeserklärung erst einmal daherkommen. Begleitet von der eindringlichen Vitalität, mit der sie seit jeher die Gitarre zum Lux-Instrument bestimmt.

… mehr

__________________________________

19. März 2017

Interview mit dem Palästinensischen Minister Abdallah Frangi: „Die Israelis haben unsere Häuser zerstört, aber nicht die Menschen.“

Abdallah Frangi

Frangi sprach von dem Grauen des Gaza-Kriegs, aber auch von der Unbeirrbarkeit der Menschen in Palästina, nicht kapitulieren zu wollen. Ein militärischer Kampf mit Israel sei ausgeschlossen, sagte der Minister und Berater von Abbas. „Wir wären die Verlierer. Denn sie haben Waffen, sie haben ihre Armee, sie können alles zerstören. Sie haben alles, was wir aufgebaut haben in den letzten 20 Jahren, zerstört. Die können das. Aber sie haben die Menschen nicht zerstört.“

… mehr

__________________________________

3. Januar 2017

Siemens-Deal in Ägypten – Too big to fail?

zenith-siemensIn Rekordtempo baut Siemens Gasturbinen auf, die Ägyptens Stromnot tatsächlich lindern könnten. Doch das Sisi-Regime steht vor einem Finanzkollaps – und der größte Auftrag in der Firmengeschichte droht, zum Bumerang zu werden.

Als Anfang Juni 2015 der ägyptische Präsident Abdel Fattah El-Sisi über den roten Teppich vor dem Kanzleramt schreiten durfte, reagierten Menschenrechtsaktivisten und ägyptische Oppositionelle mit hörbarem Unmut. Schließlich hatte die Kanzlerin versichert, den einstigen General nach dessen Putsch gegen die gewählte Regierung von Mohammed Mursi erst nach Berlin einzuladen, wenn Ägypten über ein Parlament verfügt. Im Juni 2015 war davon nichts zu sehen, trotzdem empfing Angela Merkel den Potentaten vom Nil mit freundlichen Gesten am Spreeufer.

Der Sinneswandel hatte wirtschaftliche Gründe. Zur Unterzeichnung standen Verträge mit der Firma Siemens über ein Megaprojekt zur Energiegewinnung in Ägypten, ein Paket aus Gas- und Dampfturbinenkraftwerken sowie 12 Windparks mit einer zusätzlichen Fabrik für Windkraft-Rotorblätter im Gesamtauftragsvolumen von 8 Milliarden Euro. Für Siemens war es der größte Abschluss in der Firmengeschichte und Rettung zugleich in einer prekären Situation, in der man bereits plante, am Standort Mühlheim rund 900 Arbeitsplätze zu streichen. „Ägypten verschafft uns Luft“, zeigte sich Siemens Manager Willi Meixner nach der Unterzeichnung dann auch erleichtert.

Doch während Siemens inzwischen alle 12 Turbinen in einem riesigen Kraftakt nach Ägypten gebracht und auf ihre Sockel gestellt hat, hat sich die wirtschaftliche Lage Ägyptens drastisch verschlechtert …

… mehr

__________________________________

9. September 2016

Vortrag: Eritreische Flüchtlinge – gefoltert, geflohen, aber nicht in Sicherheit

tazberichteritreafolterIm Rahmen der 5. Bremer Integrationswoche hielt ich einen Vortrag über das Schicksal tausender eritreischer Flüchtlinge, die auf ihrem Weg aus dem Folterstaat bis nach Deutschland unsägliches Grauen erdulden müssen: Verschleppung direkt aus Lagern des UNHCR, barbarische Folter durch Menschenhändler, Inhaftierungen unter unmenschlichen Bedingungen in Ägypten und Libyen und die Gefahr, den Mördern des IS in die Hände zu fallen. Gelingt es ihnen trotz all dieser Schrecken bis zum Mittelmeer durchzukommen, erwartet sie die lebensgefährliche Überfahrt, die in der ersten Hälfte dieses Jahres schon fast so viele Todesopfer gekostet hat, wie im ganzen letzten Jahr. Die Schließung der Balkanroute, welche laut Bundesregierung die Menschen angeblich vor dem Ertrinken bewahren soll, treibt sie im Gegenteil genau in diesen Tod. Doch die Politik schweigt. Und nicht nur das. In Deutschland angekommen, müssen die eritreischen Flüchtlinge erleben, dass sie von ihrem diktatorischen Regime zur Abgabe einer „Aufbausteuer“ erpresst werden. Die Bundesregierung weiß davon, und lässt es geschehen …

Die taz hat über den Vortrag berichtet.

__________________________________

5. Juli 2016

Geheimdeal mit Ägypten – Unser Mann am Nil

mannamnilBundesinnenminister Thomas de Maizière zeigte sich Anfang April 2016 erfreut. Die wochenlangen Verhandlungen um den EU-Türkei-Deal waren erfolgreich, sodass »die Balkan-Route erledigt ist, erledigt bleiben soll«. Und de Maizière ergänzte sichtbar zufrieden: »Ende gut, alles gut.«

Nicht erst seitdem Hunderttausende 2015 auf dem Landweg nach Europa kamen, ist der Bundesinnenminister darum bemüht, Flüchtlingen und Migranten den Zuzug nach Deutschland zu erschweren. Während die Bundesregierung öffentlich nicht müde wird zu betonen, dass man »die Fluchtursachen in den Herkunftsländern« bekämpfen müsse, bemüht sich die EU mit aktiver Unterstützung Deutschlands im Stillen darum, mit jenen Herkunftsländern, die durch ihre repressive Politik die Flüchtlingsströme verursachen, und mit Staaten, die Transit- und Herkunftsländer zugleich sind, Vereinbarungen zu treffen, wie man die Flüchtlinge gar nicht erst aus dem Land kommen lässt. Für seine Idee, in Ägypten Auffanglager zu errichten, bei denen deutsche Polizisten mit den Schergen des Generals el-Sisi zusammenarbeiten sollen, hat de Maizière bei seinem Besuch in Kairo geworben. Für Flüchtlinge wären die Folgen verheerend, denn Ägypten zeigt sich repressiv und unmenschlich auch gegenüber Opfern von Bürgerkrieg, Folter und Diktaturen. Der ehemalige Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Christoph Strässer, nennt derartige Pläne »pervers«.

mehr

__________________________________

31. Mai 2016

Airport-Chef Bremen: Jetzt sind wir viel sympathischer!

BRE LogoVon der Glaubwürdigkeit roter Kreise, smart departure Umbauten und anderen Ungereimtheiten
 
Am Wochenende horchte man in Deutschlands Norden auf. Der Flughafen Bremen, bisher als „City Airport Bremen“ bekannt, wurde in einen spektakulären Kraftakt zum „Bremen Airport“ umbenannt und erhielt ein neues, die Sinne berauschendes Logo. Geschäftsführer Jürgen Bula, bekennender Olivenöl-Ciabatta-Fan, erzählt im Interview, wie es dazu kam, warum er bei Hautcremes schwach wird und warum er jetzt mehr Urlaubsgrüße bekommt.

… mehr

__________________________________

07. März 2016

Von der Unmöglichkeit, das Verb „vergessen“ zu konjugieren

deutschschwer

„Die Flüchtlinge“ sollen „erst einmal richtig Deutsch“ lernen, pöbelt der fremdenfeindliche Mob und hat keine Ahnung, wie hart die Flüchtlinge in Deutschkursen gegen Angst und Traumatisierung zu kämpfen haben.

Als sich die Flüchtlingskrise im letzten Herbst zuspitzte, war es klar, dass alle Kräfte gebündelt werden müssen, um diese Herausforderung zu meistern. Die Erfahrungen, die ich im Mittleren Osten gewonnen hatte, und meine guten Fremdsprachenkenntnisse veranlassten mich zu der Entscheidung, neben meinen Beruf, zumindest für die akute Übergangszeit, in Teilzeit Flüchtlinge in Deutschkursen zu unterrichten. Doch während meine Schüler sich auf Grammatik, Aussprache und Konjugation konzentrieren sollen, fallen daheim die Bomben auf Aleppo, Idlib und Damaskus. Und die Angst, dass ihre Familien dabei zu Tode kommen könnten, bringt sie um den Verstand.

… mehr

__________________________________

07. September 2015

Berlin und das Märchen von Ägyptens Stabilität

berlinaegyptenstabilitaet

Man könnte meinen, Scheherazade hätte ihren Schreibtisch in Kairo aufgestellt und arbeite jetzt für das ägyptische Regime. Die Bundesregierung lässt sich von Kairo mit Märchen an der Nase herumführen, und ein Ende ist nicht in Sicht

Für Abdel Fattah El-Sisi könnte es nicht besser laufen. Zwei Jahre nachdem der ehemalige Militärchef den ersten demokratisch gewählten Präsidenten Ägyptens abgesetzt und ins Gefängnis hat werfen lassen, und ein Jahr, nachdem er sich dann selbst zum Präsidenten am Nil wählen ließ, fällt die von westlichen Regierungen aufgesetzte Entrüstung hörbar in sich zusammen. Vergessen scheinen die über 800 Demonstranten, die ägyptische Sicherheitskräfte im August 2013 bei der Räumung einer Kreuzung in Kairo mit unglaublicher Brutalität niedermetzelten. Ebenso vergessen die Inhaftierung von geschätzt 40.000 Ägyptern, die man der Mitgliedschaft oder zumindest der gedanklichen Unterstützung der Muslimbruderschaft bezichtigt. Tausende Zufallsgefangene, die einfach zur falschen Zeit am falschen Ort waren, inklusive.

Hatte die Verfolgung dreier Reporter des arabischen Senders Al-Jazeera noch weltweite Empörung ausgelöst, hört man angesichts der derzeitigen Inhaftierung von gut der zehnfachen Anzahl ägyptischer Journalisten kein Wort mehr in den westlichen Hauptstädten. …

… mehr

__________________________________

11. Juli 2015

Srebrenica – Ein Briefwechsel

 

srebrenica-briefe

Vor 20 Jahren fand das größte Massaker an Zivilisten seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges statt. Vergessen können wir es bis heute nicht. Denn auch uns trifft Schuld. Immer noch.

Als die Serben am 11. Juli 1995 die angebliche UN-Schutzzone Srebrenica einnahmen und in den Folgetagen ungehindert über 8.000 bosnische Männer und Jungen ermordeten, stand die UN, die doch zu schützen vorgab, untätig dabei. Die NATO unter dem oberkommandierenden französischen General Janvier lehnte Hilfe aus der Luft ab. Die Bosnier, die man in den Jahren zuvor entwaffnet hatte, um, wie man sagte, Friedensbemühungen nicht zu gefährden, ließ man in der Stunde der Not wehrlos in die Hände der Mörder fallen. Dass das so kommen würde, konnte jeder wissen, der sich mit dem Balkankrieg befasste. Ein umfangreicher Briefwechsel mit dem politischen Bonn gut zwei Jahre vor dem serbischen Überfall auf die Schutzzone ist erschütternder Beleg dafür. Das Massaker von Srebrenica hat nicht nur Serben als Täter. Die Mittäter sitzen unter uns, in Deutschland und Europa, in der NATO und der UN. Denn das Böse zuzulassen, es nicht wirksam zu verhindern, wo man es kann – auch das ist schwere Schuld.

… mehr

__________________________________

23. November 2014

Rekonstruktion einer Vertuschung

 

weltnairobi

Als am 20. November 1974 der Lufthansa Jumbo „Hessen“ kurz nach dem Start in Nairobi abstürzte, kamen 59 Menschen ums Leben. Die Frage nach dem ‚Warum‘ löste Lufthansa schnell. Die Crew sei schuld. „Einzig und allein.“ – Heute zeigt sich: Die Airline hat die Unwahrheit gesagt.

Wochenlange Recherchen und die Durchsicht von über 1.900 Seiten Aktenmaterial im Bundesarchiv Koblenz und dem Hauptstaatsarchiv Hessen haben Beweise dafür geliefert, dass die Lufthansa schon fünf Monate vor dem schrecklichen Unglück in Nairobi wusste, dass die Gefahr eines Absturzes bei ihren Jumbos bestand. Die British Airways hatte zur Sonderkonferenz im Juni 1974 nach London geladen und über beängstigende Vorfälle berichtet. Doch während die BA und die ebenfalls anwesende KLM diese Vorfälle ernst nahmen und nach der Konferenz ein akkustisches Warnsignal in ihre Jumbo-Jets einbaute, fuhr der Sicherheitstechniker der Lufthansa, Heinz T., nach Hause – und es geschah fünf Monate lang nichts. Dann fiel der Lufthansa Jumbo in Nairobi vom Himmel und 59 Menschen mussten sterben. Das Märchen, dass die Lufthansa danach erzählte, sie habe von nichts gewusst, glaubte die Öffentlichkeit gerne. Heute zeigen die Unterlagen, dass die Konzernleitung log, um von ihrem schlimmen Versäumnis abzulenken. Sie war verantwortlich für den Tod von 59 Menschen – und schob die Schuld auf die Besatzung ab. Das Bundesverkehrsministerium deckte dies. Als man dort von der monatelangen Untätigkeit der Lufthansa erfuhr, leitete man keine Ermittlungen ein, sondern ließ die Informationen als „Verschlusssache“ im Schrank verschwinden. Beide, Lufthansa wie Ministerium, müssen heute erklären, wie so etwas möglich war. Und sich bei den Opfern des Unglücks öffentlich entschuldigen.

… mehr

__________________________________

Hinterlasse einen Kommentar